Mohammedia
Mohammedia
Nordseite des Palastes
Überblick
Auf der Fahrt von Thuburbo Majus nach Mohammedia sehen wir zuerst rechts neben der Straße die Überreste der einstigen Wasserversorgung aus der Zeit des römischen Kaisers Hadrian. Dieser Bereich liegt in der Nähe von Oudna und hat eine völlig andere Bauweise als jener, den wir ein wenig später zu Gesicht bekommen, als wir schon in Richtung Norden nach Mohammedia unterwegs sind. Die Konstruktion des Aquädukts ist einfach atemberaubend und es lohnt ein kleiner Stopp am rechten Fahrbahnrand. Das Bauwerk versorgte die stetig wachsende Stadt Karthago mit Trinkwasser von der Bergquelle in Zaghouan.
Palastanlage von Mohammedia
Das, was wir heute sehen, ist teilweise zerstört aber im Bereich von Oudna und Mohammedia noch sehr gut erhalten und wird sogar gerade restauriert. Das Foto oben zeigt die Reste des römischen Aquädukts in der Nähe von Mohammedia (etwa 5 Kilometer außerhalb des Ortes). Hier sind übrigens die am besten erhaltenen Teilstücke des antiken Bauwerks zu finden. Auch der Bey von Tunis dachte beim Bau der Palastanlage von Mohammedia an die Wasserversorgung. Hierzu errichtete er einen eigens für diesen Zweck konstruierten Aquädukt, der noch heute sichtbar in Teilstücken durch den Ort bis zum ehemaligen Palast führt. Der Ort Mohamedia gehört zum Gouvernorat Ben Arous - Delegation Mohamedia und besitzt aufgrund der letzten Volkszählung (2004) 16 723 Einwohner [1].
Versailles von Tunesien
Schon Hermann Fürst Pückler von Muskau als Zeitzeuge hat bei seinem Besuch 1835 in Tunesien in dieser einstigen Residenz des Bey von Tunis gewohnt.
"Das Schloß ist groß und elegant, mit hübschen Zimmern und bunten Galerien versehen und die Aussicht von der Terrasse nicht ohne Interesse. Ich entdeckte ein Boskett von blühenden Granaten, umgeben von kolossalen Feigenbäumen" - soweit die Beschreibung des deutschen Besuchers. Den richtigen Glanz sollte Mohammedia aber erst einige Jahre später erhalten. Bey Ahmed (1842 - 1847) wollte einen Landsitz ganz im Stil von Versailles erbauen, sein früher Tod verhinderte jedoch die Vollendung.
Prunkbau
Die heutigen Überreste der ehemaligen Residenz des Bey von Tunis liegen auf einem kleinen Plateau und sind mittlerweile vom totalen Zerfall bedroht. Nicht eine einzige Wand- oder Bodenfliese existiert noch in dem Gebäude - zerstört oder geraubt. Einst kostbare handwerkliche Arbeit aus Iznit (Türkei) - vom Bey sehr teuer importiert. Wie vieles, was hier verbaut und angeschafft wurde. Es ist fraglich, ob der Bey und seine Familie überhaupt finanziell in der Lage waren, dieses Projekt zu beenden. Vieles was geplant war, wurde durch den frühen Tod nicht mehr gebaut und seine Nachfolger hatten kein Interesse an der Fertigstellung.
Palastanlage
Trotzdem ist das, was man heute noch sehen und erkennen kann, auch aufgrund der gewaltigen Ausmaße beeindruckend. Der Wohntrakt, einzelne kleine oder größere Säle, mehrere Küchen und Remisen, Unterkünfte für die Bediensteten, der linke Hauptflügel ist fast 300 Meter lang und 100 Meter breit. Weiterhin gibt es einen Aquädukt, der eigens für den Palast geplant und ausgeführt wurde. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich die Stallungen und der Wirtschaftstrakt des Schlosses, der einen großen Innenhof beinhaltete.
Auch eine Moschee ist hier zu finden. Die gesamte Anlage wird heute von mehreren Straßen des kleinen gleichnamigen Ortes durchzogen und wirkt dadurch etwas zersplittert. Selbst in oder nahe bei den Ruinen wohnen Menschen oder arbeiten dort. Einheimische bieten Führungen durch die Katakomben an und wollen sich wahrscheinlich ein paar Dinar zusätzlich verdienen. Aufgrund der Baufälligkeit der gesamten Anlage ist von diesem Vorhaben nur dringend abzuraten!
Weiterhin sollte man die Anlagen mit einer gewissen Distanz und Rücksichtnahme auf die Bewohner des Viertels in Augenschein nehmen.
...ein prominenter Besucher...
Hermann L. Fürst von Pückler-Muskau (1785 - 1871)
Bildquelle Wikipedia - Stahlstich, in: Deutsches Taschenbuch auf das Jahr 1837 - Hg. von Karl Büchner - Berlin: Duncker u. Humblot 1837 - Urheber: Auguste Hüssener
Sehr interessant sind auch die Berichte eines prominenten Reisenden aus dem 19. Jahrhundert: Herrmann Fürst Pückler von Muskau. Einige gekürzte Zitate entstammen seinem Buch "Semilasso in Afrika", erschienen 1836. Hier einige Passagen seines Reiseberichts:
"Vor dem Haus des holländischen Konsuls in Tunis hatte sich am 13. Juni 1835 eine bunt gemischte Karawane versammelt: "Der Zug bestand außer mir und meinem Sekretär noch aus dem polnischen Oberst von Szczepanowski (jetzt im Dienste des Bey) mit seinem Diener, einem Mamelucken des Bey nebst zwei Hambi, die Offiziersrang haben und die Tracht der Beduinen tragen, meinem Dragoman, meinem Kammerdiener Mustapha, zwei Negern, welche auf ihren Mauleseln die nötigen Provisionen an Wasser, Wein, Zucker, Orangen usw. transportierten und endlich einem Bedienten der Hambi".
Nachtquartier
Bereits uns vorausgegangen war eine zweirädige große Carreta, die Zelt, Bett und die übrigen Effekten enthielt und zugleich in der Wüste zum Schlafen dienen kann." Doch die Abreise verzögerte sich....."
"Rund 15 Kilometer wurden am ersten Tag noch geschafft, zur Ankunft war es stockdunkel, doch war vorgesorgt - ein Nachtquartier im Schloß zu Mohammedia stand bereit. Aus Tunis mußten vergessene Sachen nachgeholt werden, so blieb Zeit für Besichtigungen. Das Schloß ist groß und elegant, mit hübschen Zimmern und bunten Galerien versehen und die Aussicht von der Terrasse nicht ohne Interesse. Ich entdeckte ein Boskett von blühenden Granaten, umgeben von kolossalen Feigenbäumen". Der grellen Sonne wegen und zur Freude der Einheimischen trug Fürst Pückler eine Brille mit blauen Präventionsgläsern...."!
"Gegen Abend überraschte uns, als wir eben aus einem gewundenen Bergtal hervortraten, plötzlich der Anblick des prachtvollen Sauwan (er meint den Djebel Zaghouan - 1295 Meter hoch), als stehe er dicht vor uns, mit dem weißen Städtchen gleichen Namens an seinem Fuß gelagert, das ein dunkler Wald von Bäumen aller Art umschloß." Zwei Scheiche begrüßten den Fürsten. Der voraus gerittene Mamelucke hatte schon kraft der Amrah (Erlaß des Bey von Tunis) für das beste Quartier gesorgt. Zaghouan wäre wie geschaffen für die Landsitze der Reichen und Vornehmen aus Tunis, leider lag es zu weit entfernt, meinte Pückler. Die reine Luft, die erträglichen Temperaturen und vor allem der verschwenderische Reichtum an frischem Wasser wären beste Voraussetzungen für ein irdisches Paradies, das die Vorzüge Europas und Afrikas vereinte...."
Weitere Informationen zu Hermann Fürst Pückler von Muskau finden Sie hier....!
Quellennachweis:
Info
Die Zahlen zur Bevölkerungsstruktur des Gouvernorats Ben Arous stammen vom Institut Nationale de la Statistique Tunisie.