Kolonialstadt Enfidaville
Enfidha (Enfidaville)
Gebäude aus der Kolonialzeit - heute Sitz der Post
Übersicht
Enfidha - Archäologisches Museum
Archäologisches Museum Enfidha - ehemalige kath. Kirche (Église Saint-Augustin) der französischen Siedler
Man sieht und spürt diese Zeit heute noch an den Bauten der Siedler und der französischen Protektoratsverwaltung entlang der Hauptstraße von Enfidha. Die Kolonialzeit und ihre Folgen sind sicherlich ein immer noch schwieriges Thema in Tunesien und bei den Nachkommen der einstigen europäischen Siedler. Während der Kolonialzeit war der Ort Enfidaville von französichen, italienischen und maltesischen Siedlern bewohnt. Die einstige Anbaufläche betrug 120 000 Hektar und war im Eigentum der Compagnie de l'E - später dann der Société Agricultur Franco-Africaine.
Geschichte
Tunis - Palast
Palais Kheireddin Pascha in Tunis - heute Museum von Tunis - Bildquelle: Wikipedia (Public domain)
Diese Gesellschaft betrieb hier schon vor der Errichtung des französischen Protektorats den Anbau von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. U. a. wurde hier erfolgreich der Weinanbau vorangetrieben. Heute gehört das Gebiet zu einer Staatsdomäne, die noch etwa 50 000 Hektar bewirtschaftet. Die fruchtbaren Ebenen von Enfidha (Enfida - arab. Dar el Bey) waren ursprünglich im Besitz der Familien der Beys von Tunis. Der Herrscher hatte hier einen Palast und ließ hier Pferde züchten. 1873 übergab der Bey Mohammed-es-Sadok seinem Premierminister Kheireddin Pascha das gesamte Awesen im Gegenzug für die Bestätigung seiner Herrschaft durch den Sultan der Türkei im Jahre 1871, die durch die erfolgreiche Vermittlung des Paschas zustande kam.
Das Recht der Nachfolge auf den Thron in Tunis wurde somit auf ein Mitglied der Familie Es-Sadok übertragen. Als Kheireddin Pascha einige Jahre später Tunesien verließ und nach Konstantinopel (Türkei) zog, verkaufte er das Anwesen einer französischen Gesellschaft in Marseille, die es Enfidaville nannte. Der Versuch von tunesischer Seite, den Verkauf zu verhindern, wurde als ein Affront gegenüber der französischen Regierung angesehen und soll ein Faktor in der Entscheidung Frankreichs gewesen sein, das Land unter seiner kolonialen Herrschaft zu bringen.
Enfidha
Grenzstein der Société Agricole Franco-Africaine
Société Franco-Africaine
Das Anwesen wurde später dann an die Société Franco-Africaine verkauft. Enfidaville wurde der Verwaltungssitz der Domaine, die eine Größe von etwa 1.200 Quadratkilometer besaß und im Sahel-Gebiet lag. Der Grundbesitz bildete ein Rechteck zwischen den Städten von Hammamet, Sousse, Kairouan und Zaghouan. Auf diesem Anwesen wurden Getreide, Oliven und Wein angebaut und es gab reiche Weiden für die Viehhaltung. Europäische Siedler - vorwiegend aus Frankreich - ließen sich hier nieder und arbeiteten für die Gesellschaft. Später kamen auch immer mehr Siedler aus Italien (viele Familien stammten aus Sizilien, der Insel Pantellaria und der Insel Lampedusa) und Malta, um hier ihr Glück zu versuchen.
Enfidha
Anwerbungsdokument für Siedler aus Frankreich um 1890 - Bildquelle. Wikipedia (Public domain)
Die tunesischen Bauern und Landarbeiter wurden so immer mehr zurückgedrängt und auf Flächen verwiesen, die nur mit viel Mühe zu bearbeiten waren und nur einen geringen Ertrag einbrachten. Das nebenstehende Foto zeigt einen Gedenkstein (möglicherweise auch ein Hinweis auf Besitztum?) im Bereich von Enfida und datiert die Gründung der Gesellschaft auf das Jahr 1881 mit dem zusätzlichen Grundstücksvermerk "Plantation de Cazalet - Creees en 1928 - 1960". 1964 beschloss die tunesische Nationalversammlung, alle ausländischen Grundbesitzer zu enteignen. Dies war auch das Ende der Société Franco-Africaine. Noch heute sind die Grenzsteine an den Grundstücksgrenzen zu sehen und auch ablesbar. Weitere stille Zeugen der Protektoratszeit sind neben den Gebäuden aus dieser Zeit die Friedhöfe und Denkmäler in Enfidha.
Enfidha
Friedhof der italienischen Siedler in Enfidaville
Friedhöfe
Ein Überbleibsel aus diesen Tagen ist der Friedhof der französischen und italienischen Siedler an der Straße, die nach Takrouna führt und der damals bei der Anlage des Bestattungsplatzes außerhalb des Ortes lag. Nur wenige Gräber französischer Familien sind noch hier zu finden, dafür um so mehr Gräber und Grabmonumente im Stil italienischer Friedhofsarchitektur. Neben den normalen Einzel- und Reihengräbern sind auch noch einige Grüfte vorhanden, die leider teilweise aufgebrochen oder sonst irgenwie zerstört und beschädigt sind. Einige dieser Grüfte haben eine Tiefe von bis zu sechs Meter und man konnte auf beiden Seiten des Schachtes die Särge abstellen. Der Friedhof ist von einer Mauer umgeben und besitzt auch noch ein Kriegerdenkmal, das an die Toten des Ersten Weltkrieges hier aus Enfidha erinnert.
Archäologisches Museum Enfidha
Ein Gebäude mitten in der Kleinstadt Enfidha fällt sofort auf: Es ist die ehemalige katholische Kirche der französischen Siedler von Enfidaville. Nicht nur der Kirchturm sondern auch die ganze Anlage rund um die Kirche, umstanden von Palmen und umgeben von Häusern aus der Kolonialzeit sind schon etwas besonderes. Die Kirche und der Garten wurden in ein Archäologisches Museum umgewandelt....
Weitere Informationen zum Archäologischen Museum in Enfidha finden Sie hier....!
Quellenangabe:
Info
Die Informationen zur Geschichte von Enfidha basieren auf dem Artikel Enfidha vom 20.01.2011 aus der englischsprachigen freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.