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Ruinenstätte Oued Ez Zit
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Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued-Ez Zit - Ruinen eines Wohnhauses französischer Siedler
Über die C 28 in Richtung Zaghouan fahre ich heute von Hammamet über Mornag nach Hammam-Lif. Die Fahrt führt zuerst über Sidi Jedidi nach Hammam Jedidi, einem Kurort in Nordtunesien. Die Landschaft hier in dieser Gegend ist atemberaubend schön, alles blüht und der Frühling hat hier in Tunesien seinen Einzug gehalten. In dieser Gegend siedelten früher viele französische Kolonialisten. Das erkennt man unschwer an den alten Bauernhöfen aus dieser Zeit, die über das Land verteilt liegen. Ein Ort an dieser Route hat mir besonders gut gefallen- es handelt sich um Sainte-Marie-du-Zit.
Abbildung: Hammam Jedidi - Landschaft bei Hammam Jedidi
Bei der Anfahrt über die C 28 berühre ich die Orte Sidi Jedidi, ein Dorf mit einem kleinen See und einer bizarren Felsformation, weiter geht es an Hügeln, Weiden und Feldern vorbei, auf denen tausende von Frühlingsblumen leuchten. An den bergigen Abhängen wachsen Bäume und alles hier ist so beschaulich, so dass man den Eindruck gewinnt, man sei irgendwo in Europa und nicht in Nordafrika. Dies ist einer der Gründe, warum der Staat Frankreich nach der Intervention gegen Ende des 19. Jahrhunderts keine Schwierigkeiten hatte, Kolonisten anzuwerben, die ihre Heimat freiwillig aufgaben, um sich hier neuen Aufgaben zu stellen.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued Ez Zit - Anfahrt zur Ortschaft
Aber auch italienische und maltesische Kolonisten zog es hierher, die Aussicht auf ein eigenes Stück Land, das man bewirtschaften konnte, ohne einen Centime dafür zahlen zu müssen, die günstigen Kredite für die Beschaffung von Geräten und Material zum Hausbau, dies alles lockte viele Menschen damals aus Europa nach Tunesien. Weiter geht es über Hammam Jedidi, einem modernen Kurort für die Mittelklasse des Landes, durch eine weite Ebene und weitere kleine Ortschaften, an deren Rändern sich einige Bauernhöfe aus der Kolonialzeit befinden. An der Abzweigung nach Zriba und Zaghouan biege ich im Kreisverkehr nach rechts ab und fahre über die C 35 in Richtung Mornag weiter. Schon nach kurzer Zeit habe ich den Oued Zit erreicht, wo in der kalten Jahreszeit sehr viel Wasser durchläuft und der ein Garant für die schöne grüne Umgebung ist.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued Zit
Kurz vor der Ortschaft Oued Ezzit, benannt nach dem Wadi (oder Trockenfluss), führt eine breite Brücke über den Oued Zit und auf der rechten Seite kommt schon der erste Bauernhof aus der Kolonialzeit in Sicht. Wir befinden uns nun im ehemaligen Dorf der französischen Siedler- Sainte Marie du Zit. Übersetzt heißt der Ort „St. Maria des Südens“, was zum einen vom Oued abstammt, es ist nämlich der südliche Oued in dieser Gegend. Die religiöse Bezeichnung ist wahrscheinlich der Kirche des Ortes geschuldet, die von den katholischen Siedlern errichtet worden ist. Allerdings konnte ich bei mehreren Spaziergängen durch den heutigen modernen, aber etwas verschlafenen Ort kein solches Gebäude entdecken.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued-Ez Zit - Ruinen eines Wohnhauses französischer Siedler
Möglichweise haben diese Siedler aber auch die nächste Pfarrkirche in Zaghouan für das Sonntagsgebet und den Besuch der heiligen Messe genutzt. Meine erste Tunesienkarte wies noch diese Ortschaft mit der alten Bezeichnung aus. Auf der Anhöhe über dem Dorf befinden sich mehrere Häuser, die nach französischem Vorbild gebaut worden sind, zwei Wohnhäuser und mehrere Stallungen und Vorratshäuser. Die Stallungen werden heute von den tunesischen Nachfolgern der europäischen Kolonisten genutzt, die Wohnhäuser stehen leer und verfallen langsam aber unaufhaltsam. Die Türen und Fensterläden der Häuser sind fest verschlossen, so, als wenn die Siedler bei ihrem Abzug dachten, dass sie bald zurückkehren würden.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued-Ez Zit - Ruinen eines Wohnhauses französischer Siedler
Etwas unterhalb dieser kleinen Siedlung befinden sich weitere Bauernhöfe, deren rote Ziegeldächer sofort ins Auge fallen. Dieses Baumaterial stammte aus Frankreich und zwar von der Firma Saumati Freres, Marseille - St. Henri. Auch in der neuen Siedlung findet man noch Baurelikte aus der Kolonialzeit- aus der Zeit von Sainte Marie du Zit. Die Aussicht von der Anhöhe über dem Dorf in nordöstlicher Richtung reicht über eine weite, grüne Ebene, die teilweise von Olivenplantagen etwas aufgelockert wird. Im Südwesten der Ortschaft erhebt sich der Djebel Zaghouan, der Sauwan, wie ihn Fürst Pückler nannte, der von diesem Berg sehr begeistert war und ihn in seinem Reisebericht "Semilasso in Afrika" mehrfach erwähnte.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued Ez Zit - Aussicht nach Osten auf einen Höhenzug
In den Zeiten der Kolonialmacht Frankreich existierte in Sainte-Marie-du-Zit ein Waisenhaus. Es wurde im Jahr 1892 von Monsieur L'Abbé Boisard (St Régis-Brüder) gegründet, der aus Lyon stammte. Das Waisenhaus von Sainte-Marie-du-Zit befand sich in etwa 18 Kilometer Entfernung nordöstlich von Zaghouan, ganz in der Nähe der Verbindungsstraße nach Hammamet. Der Abt hatte bereits Erfahrung in der Leitung von Waisenhäusern, da er bereits in seiner Heimatstadt Lyon einer solchen Einrichtung vorstand. In seiner Funktion als Gründer und Rektor dieser Einrichtung mit angeschlossenen Werkstätten arbeitete er mit mehreren Priestern zusammen, deren Erziehungsaufgabe zum einen eine gute Schulausbildung für die ihnen anvertrauten Zöglinge beinhaltete.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued-Ez Zit - Ruinen eines Wohnhauses französischer Siedler
Zum anderen erhielten sie eine solide christliche und moralische Erziehung die es erlaubte, gute Siedler aus ihnen zu machen. Im Anfang waren zwei Priester mit der Aufgabe betraut, etwa ein Dutzend Kinder im Alter zwischen dreizehn und fünfzehn Jahren zu erziehen. Das Gelände des Waisenhauses hatte eine Größe von etwa 450 Hektar und musste anfänglich für die landwirtschaftliche Nutzung vorbereitet werden. Bei meinen Besuchen in diesem Ort habe ich das Waisenhaus leider nicht mehr auffinden können- möglicherweise ist es abgerissen worden. Im Gegensatz zu diesem Gebäude sind aber viele Häuser der französischen Siedler nach wie vor vorhanden und teilweise sogar in einem guten Zustand.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Detail eines Siedlerhauses
Dies trifft meistens auf die alten Bauernhöfe mit ihren Nebengebäuden zu, die nach dem Abzug der Siedler zwischen 1956 - 1960 von den Nachfolgern übernommen wurden. Lediglich das Wohnhaus des Hofes wurde selten bezogen und stand danach meistens leer, was ich in vielen Orten in Nordtunesien überprüfen konnte. Dadurch haben viele Häuser in den alten Ortschaften überlebt und geben der schönen Landschaft, in der sie errichtet wurden, einen unverwechselbaren Charakter. Nicht weit von hier ist noch ein anderer Teil des alten Dorfes zu sehen.
Weitere Informationen zur ehemaligen französischen Siedlung mit Kirche finden Sie hier....!
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Oued-Ez Zit - Ruinen eines Nebengebäudes der bäuerlichen Siedlung...
Etwa 3 Kilometer weiter in nördlicher Richtung von dieser kleinen Ortschaft entfernt bin ich auf eine weitere ehemalige Ansiedlung gestoßen, die offenbar auch zu Sainte Marie du Zit gehörte. Zu meiner großen Überraschung entdeckte ich hier einige Ruinen, die zum Teil noch aus der römisch-byzantinischen Zeit stammen. Aufgefallen war mir ein Haus im peseudo-arabischen Baustil auf einer Anhöhe weit über der Straße. Nach dem ich hier angehalten habe, sehe ich mir das Gelände näher an. Auf der linken Straßenseite direkt am Oued Zit....
Weitere Informationen zum archäologischen Gelände nahe der Ortschaft Oued Ez Zit in Nordtunesien finden Sie hier....!
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Ruinengelände
Im Zweiten Weltkrieg gab es in Sainte-Marie-du-Zit einen Flugplatz, der von der deutschen Luftwaffe gebaut wurde. Das Flugfeld in Sainte-Marie-du-Zit ist heute verlassen und zum größten Teil überwachsen. Das Areal gehört zum Gouvernorate Zaghouan und liegt etwa 3 Kilometer nordöstlich von dieser Siedlung, etwa 17 Kilometer südwestlich von Zaghouan und rund 50 Kilometer südlich von Tunis. Die II. und III. Gruppe des Jagdgeschwaders 77 musste aufgrund des alliierten Vordringens in Tunesien ihren Platz La Fauconnerie am 7. April 1943 verlassen und nach Bourdjine südwestlich von Sousse ausweichen. Der Aufenthalt hier dauerte nur einen Tag und am 8. April mußte die Gruppe nach Sainte Marie du Zit ausweichen.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Ruinen eines Hauses im pseudo-arabischen Stil
Bereits am 16. April folgte die nächste Verlegung der Gruppe nach Crèteville. Am 7. Mai 1943 verließ die Gruppe Tunesien. Sie verlegte über Soliman-Nord nach Trapani auf der Insel Sizilien, wo sie gesammelt werden sollte. Schon am 3. April 1943 wurde der Flughafen von der 9. US Air Force Staffel mit B-25 Mitchell Bombern angegriffen und ein Treibstofflager zerstört. Am 9. Mai kam der Flughafen endgültig in die Hände der United States Army und wurde von Armee-Ingenieuren repariert und verbessert. Danach nutzte die Zwölfte Air Force und die 14th Fighter Group das Airfield.
Abbildung: Sainte Marie du Zit - Oued Ez Zit - Ruinen einer Scheune mit angrenzenden Stallungen aus der Kolonialzeit
Nach der Niederlage der Achsenmächte in Tunesien flog die 14. Fighter Group verschiedene Bombenangriffe während des alliierten Angriffs auf die italienische Insel Pantelleria und half bei der Vorbereitung und Unterstützung der Invasion von Sizilien und Italien. Im November wurde die Gruppe der Fünfzehnten Air Force zugewiesen und zog am 12. Dezember 1943 nach Italien. Die Einrichtungen in Sainte Marie du Zit wurden demontiert und der Flugplatz aufgegeben. Das ehemalige Airfield ist jetzt eine landwirtschaftliche Fläche, die Überreste der Start-und Landebahn sind noch sichtbar auf Luftaufnahmen. Ein großer gestörter Bereich um die Start-und Landebahn ist nach wie vor erkennbar. [1]
Abbildung: Insel Pantelleria (Italien) - Leuchtturm auf Pantelleria - Bildquelle: Wikipedia (gemeinfrei)
1.: Die Informationen zum Airfield von Sainte Marie du Zit basieren auf dem Artikel Sainte Marie du Zit Airfield vom 29.03.2010 aus der deutschsprachigen freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [34 KB]
für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Abbildung: Info -