Geschichte Tunesiens
Tunesien zwischen gestern und heute
Einer Legende zufolge soll Alyssa, eine phönizische Prinzessin, nach einem Streit um den Thron vor ihrem Bruder aus Tyros (heute Libanon) geflohen und 814 v. Chr. mit einigen Getreuen an der Küste Tunesiens gelandet sein. Ein argloser Numidenfürst gewährte ihr ein Stück Land von der Größe, die mit einer Kuhhaut abgegrenzt werden kann. Sie zerschnitt die Kuhhaut in dünne Streifen und grenzte damit das Gebiet ab, auf dem die neue Hauptstadt stehen sollte.
Gründung
Das Gebiet des heutigen Tunesien wurde schon ca. 5000 - 1300 v.Chr. von Stämmen aus der Zentralsahara besiedelt. Von diesen Gruppen stammte das Volk der Berber ab. Um 813 v. Chr. wurde die Stadt Karthago auf dem Byrsa-Hügel (heute am Stadtrand von Tunis) gegründet und entwickelte sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte zur führenden Handelsmacht im westlichen Mittelmeer. Karthago war das Zentrum eines mächtigen Reiches, zu dem der größte Teil Nordafrikas, der Süden der iberischen Halbinsel, Sardinien und Teile Siziliens gehörten. Die Konfrontation mit dem Römischen Reich führte zu den drei Punischen Kriegen (seit 264 v. Chr.), die 146 v. Chr. mit der Zerstörung Karthagos endeten.
Punische Kriege
In der Zeit von 264 - 241 v. Chr. findet der 1. Punische Krieg mit der Seemacht Karthago statt. Rom siegt und annektiert Sizilien und Sardinien. Langsam entwickelt sich die Republik zum Militärstaat, das bedeutet, wer Macht über das Heer hat, hat auch die Macht in Rom.
218 - 202 v. Chr. im 2. Punischen Krieg, überquert Hannibal mit 50.000 Mann und 37 Elefanten die Alpen. Nach zahlreichen Siegen Hannibals wird er bei Zama/Afrika geschlagen. Rom wird somit Herrscher über den westlichen Mittelmeerraum. 168 v. Chr. Sieg über Makedonien. Rom beherrscht nun den gesamten Mittelmeerraum.
146 v. Chr. siegt Rom im 3. Punischen Krieg. Nun wird Karthago zerstört und es wird zur Provinz Africa. Im 5. Jahrhundert n. Chr. drang der germanische Stamm der Vandalen in die Provinz ein und behielt für rund ein Jahrhundert dort die Macht, bevor Rom (Ostrom - Byzantiner) wieder zum Zuge kam.
Dynastie der Husseiniten
Im 7. Jahrhundert eroberten die Araber das Land und die römisch-christliche Kultur wurde durch die des Islam ersetzt. Diese Herrschaft dauerte bis ins frühe 15. Jahrhundert, als die Spanier kamen, gefolgt vom Osmanischen Reich (1574). Unter den vom türkischen Pascha eingesetzten Beys (Husseiniten) gelangte das Land zu einer begrenzten Autonomie und zu Reichtum (nicht zuletzt durch Seeräuberei). Die Dynastie der Husseiniten blieb nominell bis 1957 an der Spitze Tunesiens.
Eine kleine Dokumentation der Geschichte der Dynastie der Husseiniten zeigt das untenstehende Video...!
Destour-Partei
In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts marschierten die Franzosen in Tunesien ein. Im Mai 1881 unterzeichnete der regierende Bey den sogenannten Bardo-Vertrag, durch den das Land unter französisches Protektorat gestellt wurde. Mit der französischen Besatzungsmacht und den französischen Siedlern gelangte viel europäische Lebensart und Ideale nach Tunesien. Vom Anfang des 20. Jahrhunderts an formierten sich in Tunesien zunehmend nationalistische Bewegungen, die eine Unabhängigkeit von Frankreich forderten.
Neo-Destur-Partei
1920 wurde die Destour-Partei gegründet, die für umfangreiche demokratische Reformen eintrat. 1934 gründete der Politiker Habib Bourguiba, der in der tunesischen Unabhängigkeitsbewegung eine bedeutende politische Rolle spielte, die Neo-Destur-Partei, die auch im Ausland Unterstützung fand. Tunesien näherte sich Schritt für Schritt der Unabhängigkeit. 1949 kehrte Bourguiba aus dem Exil zurück, in das er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den Franzosen verbannt worden war, und nahm verstärkt seine politischen Aktivitäten wieder auf.
Unabhängigkeit 20. März 1956
Am 20. März 1956 (Nationalfeiertag) wurde der Bardo-Vertrag von 1881 außer Kraft gesetzt und Tunesien erlangte seine Unabhängigkeit. Habib Bourguiba wurde mit überwätigender Mehrheit zum Staats- und Ministerpräsidenten gewählt. Ein Jahr später wird der Bey abgesetzt und die Republik ausgerufen. Das Verhältnis zu Frankreich verschlechterte sich drastisch, als 1964 die Nationalversammlung beschloß, alle ausländischen Grundbesitzer zu enteignen.
Präsident auf Lebenszeit
Bourguiba wurde wiederholt im Amt bestätigt bzw. 1975 zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt. Die im Land vorhandenen sozialen Spannungen und Generalstreiks legten sich erst, als 1981 eine Abkehr vom Einparteiensystem stattfand. Erst 1987 wurde der inzwischen 84-jährige Bourguiba abgesetzt. Das Ende seiner 30-jährigen Herrschaft war geprägt von seiner nachlassenden Gesundheit, einem Erbfolgekrieg und dem Aufkommen von Klientelismus und Islamismus. Am 7. November 1987 wurde er von seinem Premierminister Zine El Abidine Ben Ali von der Macht entfernt und in einer Residenz in Monastir unter Hausarrest gestellt. Er blieb dort bis zu seinem Tod und wurde in einem Mausoleum begraben, das er zuvor gebaut hatte.Sein Nachfolger Zine el-Abidine Ben Ali wurde auch im Oktober 1999 erneut mit 99,4% der Stimmen für eine weitere Amtszeit gewählt.
Bei den Parlamentswahlen im gleichen Monat erlangte die Regierungspartei (Demokratische Verfassungspartei - RCD) ca. 91% der Stimmen, während die sechs erlaubten Oppositionsparteien weniger als 9% erhielten. Mittlerweile ist Präsident Zine el-Abidine Ben Ali nach schweren Unruhen und Protestdemonstrationen am 14. Januar 2011 zurückgetreten. Sein Nachfolger wird der bisherige Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi, der übergangsweise die Regierungsgeschäfte bis zu den in der Verfassung vorgeschriebenen Neuwahlen führen wird. Ben Ali und seine Familie hatten sich ins Ausland (Saudi-Arabien) abgesetzt. Deutsche Touristikunternehmen holen ihre Kunden aus Tunesien mit Sondermaschinen ab. Diese Aktion wurde bis zum 17. Januar 2011 abgeschlossen. Ben Ali und seine Familie lebten danach in Saudi-Arabien im Exil bis zu seinem Tod in Dschidda. Er verstarb am 19. September 2019 im Alter von 83 Jahren in der saudi-arabischen Hafenstadt Dschidda.
Verfassung
Auch Ben Ali gelang es wie seinem Vorgänger, den aufkeimenden islamischen Fundamentalismus im Schach zu halten, indem er den arabisch-islamischen Charakter des Landes förderte, dabei aber auch seine Verbindungen zum Westen aufrechterhielt. Gemäß der Verfassung von 1959 ist Tunesien eine freie, unabhängige Präsidialrepublik. Die staatliche Exekutive liegt beim Staatspräsidenten, der für fünf Jahre vom Volk gewählt wird. Er ist Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte und ernennt die Mitglieder des Kabinetts, dem der Ministerpräsident (Premierminister) vorsteht. Die gesetzgebende Nationalversammlung (Assemblée Nationale) besteht aus 182 Mitgliedern, 34 Sitze sind dabei für die Opposition reserviert. Die wahlberechtigen Bürger müssen mindestens 20 Jahre alt sein und seit fünf Jahren die tunesische Staatsbürgerschaft besitzen.
Agrarsektor
Die größte Bedeutung in der tunesischen Wirtschaft hat die Landwirtschaft und der Bergbau. Über ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung arbeiten auf dem Agrarsektor oder im Bereich Fischerei. Die Erträge der Landwirtschaft sind stark vom Klima abhängig: aufgrund immer wieder auftretender Dürreperioden und Wassermangel kommt es zu Ernteausfällen. Im fruchtbaren Norden werden Getreide (vor allem Weizen und Gerste), Gemüse, Tomaten, Melonen, Zitrusfrüchte und Weintrauben angebaut. Auch Viehzucht (Ziegen, Schafe und Kamele) und Forstwirtschaft (Korkeichen) werden betrieben.
Touristische Infrastruktur
Eines der schönsten Museen der Welt ist sicherlich das Bardo Museum in Tunis. Für einen Besuch sollte man schon mal zwei Tage einplanen. Nicht zu vergessen der Ort Hammamet. An diesem Ort scheiden sich die Geister der deutschen Besucher. In den sechzigern und siebzigern des letzten Jahrhunderts als Billigurlaubsort verschrien (und geliebt) hat sich der Ort in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts aus diesem Schattendasein gelöst. Eine beeindruckende Touristische Infrastruktur und viele neue elegante Hotels sind entstanden, die keine Vergleiche mit kontinentalen Herbergen zu scheuen brauchen. Dazu kommt die traditionelle tunesische Gastfreundschaft, die den Reisegast in den Mittelpunkt stellt.
Davon ist in anderen Urlaubsländern schon lange nichts mehr zu spüren...!
Wer nähere Informationen braucht, kann mir eine Mailanfrage schicken. Ich wünsche diesem schönen Land auch in Zukunft viel Erfolg - ganz besonders im touristischen Bereich. Wer das Land Tunesien kennenlernen möchte, dem rufe ich ein herzliches "Marhaba" zu - Willkommen!
Quelleninformation:
Das Foto "...nicht zugängliche Lagerräume im Bardo-Museum in Tunis - Autor: Ciphers" unterliegt der "Creative Commons" und "Attribution 3.0 Unported" Lizenz.