Tunesischer Wein
Topographie
Die Landesfläche von Tunesien lässt sich von Norden nach Süden in vier naturräumliche Einheiten untergliedern: Im Norden durchziehen die niedrigen Ausläufer des Tellatlas das Land von Südwesten nach Nordosten. Weiter südlich folgt eine Hochebene mit einer durchschnittlichen Höhe von 610 m. Noch weiter im Süden schließt sich eine Steppenlandschaft mit einigen Salzseen an, die von den Einheimischen Schotts (auch Chotts) genannt werden. Einige dieser Seen liegen unterhalb des Meeresspiegels. Südlich dieser Region beginnt die Sahara. Sie bedeckt etwa 40 Prozent der Landesfläche Tunesiens. Im Norden von Tunesien herrscht im Allgemeinen ein mildes mediterranes Klima. Hier lebt der überwiegende Teil der Bevölkerung. Die Temperaturen betragen durchschnittlich 8,9 °C im Januar und 25,6 °C im Juli.
Geschichte des Weinanbaus
Ein geschichtlich bedeutender Ort ist das alte Karthago, heute ein Villenvorort der Hauptstadt Tunis. Legenden ranken sich um die antike Stätte- der einstige Glanz der Stadt drang damals bis nach Europa vor. Kriege wurden geführt um die Vorherrschaft in diesem Teil der Welt, die schließlich die Römer gewannen und sich das Land untertan machten. Hier entstand die Kornkammer Roms und hier wurde auch Weinbau betrieben, der als fertiges Produkt in riesigen Amphoren mit Galeeren über das Meer nach Sizilien und weiter in die römischen Provinzen im Norden transportiert wurde. Karthago wurde im Jahre 840 v. Chr. gegründet und erlebte in der Folgezeit eine beispiellose Expansion und etablierte sich als führende Kultur- und Handelsnation der Antike.
Hier in der Gegend um Karthago entstehen prachtvolle Anwesen und große Weinbaugebiete, denn Wein wurde damals wie heute gerne getrunken. Als erster Gelehrter im gesamten Mittelmeerraum berichtet der Karthager Magon (um 500 v. Chr.) in seinem 28-bändigen Werk "De re rustica" über eingehende Studien der Landwirtschaft und des Weinbaus in punischer Sprache. Dieses frühe Grundlagenwerk, das auch eine systematische Abhandlung über die Kultivierung, Pflege und Bewirtschaftung von Weingärten enthält, beeindruckte die Römer derartig, dass sie es nach der Zerstörung Karthagos ins lateinische übersetzten und damit für die Nachwelt erhalten haben. Der Einfluss dieses Meisterwerks bestimmte über Jahrhunderte den Weinbau im römischen Imperium.
Nach der Eroberung Tunesiens durch die Türken im Jahre 1574 und das damit im Zusammenhang stehende islamische Weinverbot kam der Anbau von Wein völlig zum Erliegen. Im 19. Jahrhundert legten französische und italienische Kolonisten auf der Halbinsel Cap Bon Rebflächen an. Ab dieser Zeit wurde Weinbau wieder professionell betrieben. Um 1930 wurde pro Jahr bereits über eine Million Hektoliter Wein produziert. Dann erreichte im Jahr 1936 die Reblaus das Land und bewirkte eine Reduktion der Weingärten um mehr als die Hälfte. Im Jahre 2000 betrug die Rebfläche 29.000 Hektar, von der insgesamt 412.000 Hektoliter Wein gewonnen wurden. Von ungefähr der Hälfte der Rebfläche werden heute Tafeltrauben produziert. Seit dem Jahr 2000 steigt die Produktion wieder stärker an, was zum Teil auch auf den zunehmenden Tourismus im Land zurückzuführen ist. Die Qualität der Weine insgesamt ist besser als in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Lage
Die Weingärten befinden sich im Nordosten in Küstennähe (in der Nähe der Hauptstadt Tunis) in den Bereichen Aryanah, Ben Arus, Bizerté, Béja, Jendouba, Cap Bon, Nabeul und Zaghouan. Teilweise ist eine künstliche Bewässerung erforderlich. Im Jahre 1957 erfolgte nach französischem Vorbild die Einführung der Qualitäts-Stufen VCC (Vins de Consumation Courante), VS (Vins Supérieurs), VDQS (Vins de Qualité Supérieure) und AOC (Appellation d´Origine Contrôlée). Im Jahre 1970 wurde dann das "Office du Vin" mit dem Ziel gegründet, Weine in Export-Qualität zu produzieren. Rund ein Dutzend Weine werden heute ausgeführt. Bei uns allgemein bekannt ist jedoch lediglich die Marke "Mornag" - während die anderen Sorten eher den Weinkennern- und Liebhabern vorbehalten sind.
Apellationen und Rebsorten
Es gibt sieben Appellationen Coteaux de Tébourba, Coteaux d´Utique, Kélibia, Mornag, Muscat de Kélibia, Sidi Salem und Thibar, von denen rund 70% aller Weine stammen. Die wichtigsten Rebsorten sind die weißen Chardonnay, Clairette de Provence, Muscat d´Alexandrie, Pedro Ximénez, Sémillon und Ugni Blanc (Trebbiano) sowie die roten Alicante Bouschet, Cabernet Sauvignon, Carignan, Cinsaut, Merlot, Pinot Noir und Syrah.
Produktions-Betriebe
Traditionell sind süße, aufgespritete Muskateller-Weine (eigene Appellation). Größtenteils werden jedoch alkoholstarke Rotweine und (als beste geltende) Roséweine hergestellt. Sortenreine Weine werden von offizieller Seite gefördert, sie müssen 80% der Sorte enthalten. Es gibt rund 25 Produktionsbetriebe, der größte ist Union de Coopératives Viticoles de Tunisie.
Erzeugnisse
Erzeugnisse der Coopératives Viticoles de Tunisie sind u. a. der Château Mornag (Rot und Rosé), Gris de Tunisie (Grenache und Cinsaut), Magon (Cinsaut und Mourvèdre) und Sidi Rais (Rosé). Bei den Rotweinen ist der Magon der von mir bevorzugte Wein. Weitere namhafte Erzeuger sind die Firmen Château Feriani mit einem Rotwein von der AC Coteaux d´Utique, Héritiers Tené Lavau (mit Koudiat aus der AC Coteaux de Tébourba), Office des Terres Domaniales (mit Château Thibar), Société des Vins Tardi (mit Royal Tardi) und Société Lomblot (mit Domaine Karim). Rotweine der Spitzenklasse sind die beiden Sorten Sidi Saad (Weinfelder bei Mornag) und der Vieux Magot.
Immer noch traditionell hergestellt sind die Destillate aus Feigen, zum Beispiel der hochprozentige Boukha (klarer Schnaps) und der köstlich schmeckende einzigartige Thibarine (süßer Likör).
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Nordafrikanische Weine
In fast allen Ländern entlang des Mittelmeeres wurde und wird Wein produziert. Nicht nur in den Ländern im Westen des Mittelmeeres wie Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Slowenien, Kroatien (Anbauregionen für Weiss- und Rotweine sind Slawonien, Istrien und Dalmatien mit den Rebsorten Pinot, Graseviner, Traminer, Riesling, Malvasier und Sauvignon für Weissweine und bei Rotweinen Pinot noir, Blaufränkischer, Merlot und Zweigelt), Montenegro, Albanien, Griechenland (vorwiegend vertreten im Anbau bei Weißweinen die Rebsorten Assyrtiko, Athiri, Chardonnay, Malagousia, Moschomavro, Sauvignon Blanc und Roditis - bei Rot- und Roseweinen Cabernet Sauvignon, Carignan, Grenache, Limnio, Limniona, Merlot und Syra - bekannte Weingüter u.a. Achaia Clauss, Kambas, Kourtakis, Boutari, Tsantali), Türkei (Weinbaugebiete in der Ägäisregion an der Ägäisküste, Regionen um İzmir, Manisa und Denizli - als rote Rebsorten werden Calkarası, Grenache, Carignan und Merlot sowie Cabernet Sauvignon eingesetzt).
Weiterhin die Länder Syrien und Libanon (u.a. Weingut Château Ksara, Rebsorten Cabernet Sauvignon, Chardonnay, Grenache und Sauvignon Blanc - Château Musar, Château Kefraya mit dem Rotwein "Rouge de K") sondern auch und im besonderen in den Ländern Nordafrikas wie Tunesien (Haute Mornag, Kelibia, Magon, Sidi Saad), Marokko (Sidi Brahim, Domaine Du Sahari- Guerrouane Rouge, Ksar Bahia), Algerien (Haut Dahra, Côteaux de Mascara, Monts du Tessalah, Côteaux de Tlemcen), Lybien (Weinanbau bzw. Tafeltraubenanbau), Ägypten (z.B. der vorzügliche Rotwein Omar Khayyam), Israel (Weingüter u.a. in Rishon LeZion- Baron Rothschild und die Karmel Weinkellerei in Zikhron Ya'akov im Karmelgebirge südlich von Haifa, weitere Anbaugebiete in Samaria, Galiläa und dem Golan) machen hier keine Ausnahme, denn der Boden dieser Staaten ist altes Weinland.
Allerdings wurden durch die Verbreitung des Islams der Anbau der Rebkulturen bis auf ein Minimum eingeschränkt. Nordafrika wurde schon sehr früh islamisiert- bereits gegen Ende des 7. Jahrhunderts. Lange Zeit lag der Weinanbau brach, bis in einigen Ländern bedingt durch die fortschreitende Kolonisation die Produktion wieder aufgenommen wurde. Die Franzosen haben als erste Kolonialherren wieder an die klassischen Wurzeln des Weinanbaus in Tunesien, Algerien und Marokko angeknüpft. Alle diese Länder haben deshalb französische Sorten im Anbau und sie orientieren sich bei ihrer Wein-Klassifizierung an französischen Vorbildern. Sie alle haben zudem nach dem Ende der Kolonialzeit einen erneuten Einbruch in der Produktion erlitten - vor allem aber, weil sich Frankreich nach der Unabhängigkeit der Länder gegen Importe sperrte. Allen gemeinsam ist, dass sie am südlichen Rand der weinbaufähigen Zone liegen. Es ist dort nicht einfach, qualitativ überzeugende Weine zu machen.